Europäisches Patentamt erteilt Patent auf Verwendung menschlicher Eizellen

Testbiotech sieht ethische Grenzen gefährdet
Donnerstag, 19. November 2009
München

Das Europäische Patentamt hat im Juli 2009 der Schweizer Firma Merck Serono ein Patent zur Reifung menschlicher Eizellen erteilt, das auch deren Verwendung im Rahmen der künstlichen Befruchtung umfasst. So wie das Patent erteilt wurde, hat die Firma Merck Serono nicht nur ein Monopol auf das Verfahren zur Reifung der Eizellen, sondern auch ein exklusives Verwendungsrecht über die Eizellen. Nach Ansicht der Expertengruppe Testbiotech e. V. wirft dieses Patent neue Fragen über die ethischen Grenzen im Patentrecht auf.
„Die europäischen Patentgesetze verbieten zwar die Patentierung von Eizellen, dieses Verbot kann aber durch Patente auf die Verwendung von Eizellen umgangen werden. Hier gibt es offensichtlich eine Lücke in der Gesetzgebung,“ sagt Dr. Christoph Then, Geschäftsführer von Testbiotech e. V..
Ursprünglich wurde in der Patentanmeldung versucht, die Eizellen selbst zu patentieren. Dieser Anspruch wurde aber vom Europäischen Patentamt gestrichen. Tatsächlich schließt die EU-Patentrichtlinie (98/44 EC) in ihren Erwägungsgründen Patente auf menschliche Keimzellen (Spermazellen und Eizellen) aus. Demnach ist der menschliche Körper in allen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung einschließlich der Keimzellen nicht patentierbar.
Mit dem Patent EP 1794287 droht aber trotzdem eine Monopolisierung der Eizellen im Rahmen der künstlichen Befruchtung. Anspruch 8 des erteilten Patentes lautet: „Verfahren zur in-vitro-Fertilisation umfassend das Herstellen einer reifen Oozyte (...) und das Behandeln der reifen Oozyte mit Sperma.“
„Mit menschlichen Eizellen dürfen keine Geschäfte gemacht werden. So wie die Patentgesetze derzeit formuliert sind, bieten sie keinen ausreichenden Schutz vor einer Kommerzialisierung menschlichen Lebens,“ warnt Dr. Ruth Tippe von der Initiative „Kein Patent auf Leben!“, die auch dem Vorstand von Testbiotech angehört und das Patent jüngst bei einer Recherche gefunden hatte. „Wenn sich die Patentämter nur an den Wortlaut der Patentgesetze halten, könnten sogar menschliche Organe patentiert werden.“
Erst vergangene Woche hatte der Bundesgerichtshof sich eingehend mit der Frage der Patentierung von menschlichen embryonalen Stammzellen befasst. Er hatte angekündigt, dem Europäischen Gerichtshof verschiedene Fragen zu Klärung vorzulegen, weil der Wortlaut der EU-Patentrichtlinie (98/44 EC) nicht ausreichend klar formuliert ist. Dr. Christoph Then war an diesem Fall als ein von der Umweltorganisation Greenpeace beauftragter Patent-Experte beteiligt.

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Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Dr. Christoph Then, Tel.: 0151- 54 63 80 40
Dr. Ruth Tippe: 0172 - 896 38 58
oder Andrea Reiche, Tel: 089 - 35 89 92 76