18. Dezember 2020 / Eine aktuelle wissenschaftliche Publikation zeigt, dass der Einsatz der Gen-Schere CRISPR/Cas bei Tieren unbeabsichtigte Spuren hinterlassen kann. Dabei geht es nicht um ungewollte Veränderungen von Genen, die schon häufig beschrieben wurden, sondern um deren Regulierung, die Epigenetik. Die Veränderungen sind vererbbar und könnten unter anderem zu Störungen der embryonalen Entwicklung führen.
Die aktuelle wissenschaftliche Publikation bezieht sich auf Experimente, bei denen die DNA von Mäusen mit Hilfe der Gen-Schere nicht nur aufgetrennt wurde, sondern auch zusätzliche genetische Informationen eingefügt wurde. Dabei kam es in der betroffenen Region nicht nur zur gewollten Veränderung der DNA, sondern auch zu ungewollten Veränderungen von sogenannten epigenetischen Markern, die die Genregulierung steuern. Diese Effekte waren auch vererbbar: Sie konnten noch in der zehnten Nachfolgegeneration der Mäuse nachgewiesen werden. Nach Ansicht der AutorInnen können derartige Veränderungen u.a. als Nachweisverfahren für den Einsatz der Gen-Schere CRISPR/Cas verwendet werden.
Die Ergebnisse waren für bestimmte Anwendungen der Gen-Schere spezifisch und wurden nicht beobachtet, wenn die DNA mit Hilfe von CRISPR/Cas nur aufgetrennt wurde und keine zusätzliche genetische Information eingefügt wurde. Weitere Untersuchungen müssen jetzt zeigen, welche Auswirkungen die epigenetischen Veränderungen auf den jeweiligen Organismus haben. Ungeklärt ist zudem, ob es beim Einsatz von Gen-Scheren zu Veränderungen an weiteren epigenetischen Markierungen kommt und ob ähnliche Effekte beispielsweise auch bei Insekten oder Pflanzen zu beobachten sind.
Epigenetische Effekte sind zum Teil vererblich, ohne dass die DNA selbst verändert wird. Die Epigenetik ist unter anderem entscheidend für die geordnete Entwicklung von Embryonen. Auch Reaktionen auf Umwelteinflüsse wie Stress werden über die Epigenetik gesteuert. Dabei bestimmen unter anderem epigenetische Marker, welche Gene in welchen Zellen abgelesen oder stillgelegt werden, sie beeinflussen die Genexpression. Epigenetische Marker sind also keine Mutationen der DNA, sondern biochemische Anhängsel der DNA.
Die aktuellen Ergebnisse bedeuten nicht nur Risiken für medizinische Anwendungen, sondern auch für die Umwelt: So werden beispielsweise sogenannte Gene-Drive-Organismen mit Hilfe der Gen-Schere CRISPR/Cas so verändert, dass zusätzliche genetische Informationen in das Erbgut aller Nachkommen eingefügt wird. Wenn es dabei auch zu ungewollten Veränderungen der Genregulierung kommt, erschwert dies die Prüfung der Umweltrisiken erheblich.
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